Sonntag, 23. September 2012

Angsthase, Pfeffernase!


Ich verstehe das nicht.

Anders, ich verstehe sie nicht. Die Männer.

Lange Zeit habe ich eingesehen, dass wir Frauen durch die Bank komplizierter sind, als die Anderen. Schon klar, wir meinen ja, wenn wir nein sagen. Weil wir uns halt zieren und durchschaut werden möchten. Im Prinzip doch nicht so schwer. Wir können sehr launisch sein, wenn auch nur ein falsches Wort fällt, ach, es reicht schon eine Betonung, die sich um einen Halbton verirrt hat. Auch wahr: Frauen können im Sekundentakt ihre Meinung ändern und erwarten von den Männern, dass sie damit Schritt halten.

Gut ok, so ist es, das macht ja aber auch Spaß und das ganze Spiel interessant.
Aber neuerdings sind die Karten gemischt und die Männer fangen an, sich divenhaft zu benehmen. Es tut mir im Voraus um die männlichen Ausnahmen Leid, aber ich muss pauschalisieren, um das mal zu verdeutlichen, was ich gerade in großem Ausmaß beobachte.

Also, der Mann wird zur Maus. Da habe ich eine Freundin, die schier erobert wurde von einem Kerl. Er hat nicht locker gelassen, obwohl er wusste, dass sie noch so halb in einer scheiternden Beziehung steckte. Es folgten Dates, der perfekte Kuss zum perfekten Zeitpunkt (da hatte wohl jemand recherchiert) und darauffolgende Treffen, wie man sie sich vorstellt. Bilderbuchromanze.
Sie: Schweigt und genießt. Stellt keine unangenehmen Fragen, verzichtet auf Über-Emotionalität. Er: Kriegt Panik aus dem Nichts und lässt den allseits bekannten und meistverfolgten Satz des Planetens fallen - „mir geht das zu schnell.“ Huch? Moment, zurückspulen. Dem Mann geht es zu schnell, obwohl er ritterlich erobert hat, sich jeden Tag gemeldet hat und das Mädel kein einziges Mal nachhakte, was denn jetzt eigentlich das Ganze bedeute?
Tja, da kommt der Angsthase dahergehoppelt und nicht nur in dieser Geschichte, nein, auch in ganz anderen. Wir haben gelernt, keinen Druck auf Männer auszuüben, nicht loszuweinen, wenn unliebsame Sätze fallen und auch sonst lieber auf den Anruf warten und vergessen zu essen, zu trinken oder zur Arbeit zu gehen, als sich selbst zu melden. Wir halten alle Regeln ein, um dann am Ende zu hören, dass es zu schnell gehe, dass die Gefühle Angst machen würden, dass man sich so sporadisch melde, weil man sich ja sowieso schon vor dem nahenden Abschied fürchte.

Was ist denn bitte da los, wieso verkriecht sich die Männlichkeit derzeit in jeder noch so dunklen Ecke?
Natürlich gibt es Ausnahmen. Der ein oder andere von den Anderen wird jetzt laut schnauben und mit tausend Gegenbeispielen kommen, schon klar, aber die durchschnittliche Tendenz geht meiner Meinung nach zu einem Wort: Angsthasen.
Männer haben Angst vor Gefühlen, weil sie mal mit 15 Jahren von der Anneliese keinen Kuss bekommen haben und seitdem lieber vorsichtig sind und abends lieber gemütlich ein Bier mit dem Kumpel trinken, als auf Brautschau zu gehen. Männer haben Angst, sich zu binden, weil sie in dem Glauben leben, dass wir Frauen dann innerhalb der kommenden sechs Monate erwarten würden, dass Antrag, Haus und Kind folgen müssten – ohne Ausnahme und in genau der Reihenfolge.

Ich verstehe das nicht. Meine Freundinnen, die gerade diese Erfahrungen machen müssen, stehen da und fragen sich nächtelang, was sie denn ausgestrahlt haben, dass solche Geschichten immer wieder diese Wendung nehmen.

Es ist ja nicht so, dass wir diese Ängste nicht selbst kennen. Mit uns wurde z. B. schon per Skype Schluss gemacht, was definitiv mehr weh getan hat, als die Sache mit der Anneliese. Und trotzdem sagen mir aktuelle Beobachtungen immer wieder, dass Frauen in Sachen Liebe einmal mehr aufstehen. Ob wir nun allgemein mutiger sind oder wir uns evolutionsbedingt dauerhaft dazu angetrieben fühlen, den richtigen Mann zur Familiengründung zu finden, bleibt ungewiss.

Wenn man die Schlagworte „Männer Bindungsangst“ googelt, kommen 23.600 Ergebnisse, darunter Buchvorschläge (für Frauen, die einen Mann mit Bindungsangst an der Backe haben), Foreneinträge, wo man sich austauscht (Frauen, nicht Männer) und Artikel aus...? Genau, Frauenzeitschriften. Zufall?

Interessant. Ein Thema, das beide Geschlechter betrifft, aber nur von der weiblichen Seite thematisiert wird. Hat da jemand vielleicht Angst vor der Wahrheit?

Mein Anderer schaut ja neuerdings Sex and the City. Die Begründung liegt darin, dass er glaubt, mich dadurch besser verstehen zu können. Manchmal lacht er sogar und Mr. Big mag er. Klar, der hat ja sechs Staffeln lang Bindungsangst.

© Ani 2012

2 Kommentare:

  1. Absolut köstlich und sooooo wahr! Ein liebevoller Gedanke an alle, die ihre "Anneliese" noch nicht verarbeitet haben oder es cool finden, mit 50 immer noch allein zu sein.

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  2. danke! :-)

    aus einer verlässlichen quelle soeben erfahren, dass für viele männer frauen der "endgegner" seien. da herrscht wohl wirklich angst.

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