Ani ist ausgebildete Schauspielerin, Kolumnistin (u.a. für den Ankerherz Verlag), Lektorin, Unterwasser-Darstellerin, aber auch Fühlerin, Fernweh-Erkrankte, Grüblerin, eine wie alle, die ein bisschen mehr wollen. Hier gibt es in regelmäßigen Abständen was für die Augen, den Kopf und das Herz. Egal, wo und was euch berührt oder gar nur streift - Hauptsache, dass!
Samstag, 1. Dezember 2012
Ich kaufe einen Kompromiss und möchte lösen
Macht man einen Kompromiss für sich oder für jemand anderen? Oder für beide?
Wenn ich will, dann bin ich gut im Kompromisse machen. Zum Beispiel bin ich dazu bereit, einen grauen, nebligen Tag im Bett zu verbringen und mich nicht zu bewegen, obwohl ich eigentlich so viel geplant hatte. Kein Problem, ich bin ja flexibel.
Aber bei so manch anderen Kompromissen stecken große Erwartungen dahinter, die zu zerplatzen drohen in dem Moment, in dem die Erwartung enttäuscht wird und ein Kompromiss vor der Tür steht.
Ich habe in letzter Zeit für meine Verhältnisse viel gestritten, sowohl mit guten Freunden als auch mit meinem Anderen oder meiner Mutter. Manchmal ging es von mir aus, manchmal waren es überschäumende Situationen oder lange, totgeschwiegene Probleme, die langsam aber sicher an die Oberfläche wollten. Und jedes Mal stand man vor der Wahl, einen Kompromiss anzunehmen, einen zu offerieren oder - im schlimmsten Fall - sich erstmal umzudrehen, weil eine Schnittstelle so weit entfernt lag, wie weiße Weihnachten in Australien.
Die Frage ist doch eigentlich immer die: Wie viel bin ich bereit zu geben, um etwas, das mir wichtig ist, zu halten? Also, wie lange möchte ich streiten, um keinen Kompromiss eingehen zu müssen und wann ist mir alles Recht, nur damit man wieder gemeinsam lachen kann?
Ich persönlich kam in letzter Zeit oft an den Punkt, an dem ich gezwungen wurde, mich immer wieder zu fragen, ob ich zu viel verlangen würde. Vor allem vom Partner, da greift man ja nur zu gerne zu. Ich versuche mir dann immer vorzustellen, was ich tun würde, wäre ich in der Situation des mir Gegenüberstehenden - und zu meinem eigenen Leid musste ich mir oft eingestehen, dass mir sicherlich das Gleiche passiert wäre, sprich: Ich hätte mich oftmals genauso verhalten. Doch nur, weil wir in der anderen Position sind, nehmen wir uns so oft heraus, zu urteilen, zu verlangen und einfach so zu tun, als würden wir es immer und zu jeder Zeit besser wissen. Manchmal stelle ich mir vor, wie ich an einem seidenen Faden hänge, eine brennende Schlucht unter mir und trotzdem hätte ich alle meine Termine im Kopf, während ich dem Anderen fast minütlich vorwerfe, irgendetwas, in meinen Augen unglaublich Wichtiges, wiedermal vergessen zu haben - trotz Kalender und ohne brennende Schlucht.
Zwischen Mann und Frau herrscht teilweise noch mehr, als eine brennende Schlucht. Während wir B sagen, denken die Männer immer noch an A und in der Zeit, in der sie versuchen, uns zu verstehen, haben wir Frauen schon wieder beschlossen, anderer Meinung zu sein. Dass ich da manchmal in ratlose Augen schaue, verstehe ich. Schon Loriot wusste die sprachlichen Probleme zwischen Mann und Frau zu verdeutlichen, indem er anhand des zu hart gekochten Frühstücksei aufzeigte, wie weit wir manchmal entfernt sind und dass wir oftmals bereit sind, uns an Kleinigkeiten hochzuschaukeln, anstatt den Kompromiss einzugehen, die Klappe zu halten. Und das Ei einfach aufzuessen.
Ich erwarte unglaublich viel und zwar vor allem aus dem Grund, weil ich auch sehr viel gebe - oftmals mehr, als ich müsste. Aber Erwarten ist im Allgemeinen recht ungesund und am Ende steht man meist alleine da.
Bewundern tue ich die Menschen, die einfach nur geben und bei dem Gedanken eines Geschenkes vor Scham ganz ehrlich rot werden und reinen Herzens den abgedroschenen Satz "Das hätte wirklich nicht sein müssen" sagen können. Ganz einfach, ganz bescheiden, keine falschen Erwartungen, ergo keine Enttäuschungen. Vielleicht liegt das in der Natur jener Menschen und für alle anderen ist es einfach zu anstrengend - einfach haben wir es ja uns schon immer gemacht.
Weihnachten steht vor der Tür. Während die Einen munter ihre Adventskalendertürchen öffnen und sich freuen, fangen die Anderen schon langsam an zu streiten. Weil das Geschenk zu klein sein wird, weil man sich ja eh etwas ganz anderes gewünscht hätte, weil man doch eigentlich gar nichts will, außer…!
Viele Familien, die ich kenne, haben übrigens den Beschluss gefasst, sich nichts mehr zu schenken. Scheint auch ein Kompromiss zu sein. Nur ist es deswegen, einfach Erwartungen aus dem Weg gehen zu können? Denn, vielleicht spreche ich hier nur für mich, aber mir macht es unglaublich viel Spaß, einen Menschen glücklich zu machen, weil wir beide wissen, dass das Geschenk von Herzen kommt und einige Denkanstöße, sprich kostbare Zeit, in Anspruch genommen hat.
Ich gebe gerne, aber ich nehme auch gerne. Und wenn mich einer dabei schief anschaut, dann mache ich mit mir selbst einen Kompromiss. Nämlich den, dass ich so lange mit meinen Angewohnheiten friedlich unter einem Dach (hinter einem Herzen, meinem) lebe, bis ich bereit bin, mich zu ändern. Für jemand anderen oder für mich selbst - das ist und bleibt dann der größte Kompromiss, den ich machen kann.
© 2012 Ani
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Als ich das erste Mal von meiner Freundin ein Geschenk erhalten habe und ich den obligatorischen Satz "... das hätte doch nicht sein müssen" zum Besten geben wollte, meinte sie, dass es doch viel schöner wäre, wenn ich sagen würde:" I freu mi ganz arg, dass i dir das wert bin" (natürlich im besten Fränkisch). Seitdem finde ich es wunderschön zu schenken und Geschenke zu bekommen.
AntwortenLöschenBei kleinen und großen Streitigkeiten frage ich mich, was wohl die LIEBE dazu sagen würde und ertappe mich immer wieder, wie ein Lächeln auf meinem Gesicht erscheint.