„Raise
my hands, paint my spirit gold, bow my head, keep my heart slow“
Noch
vier Stunden bis zur Sonnenfinsternis.
Zwar
auf der anderen Seite der Hemisphäre, aber spüren tun wir sie wohl
trotzdem.
Der
Guru sagt, ich soll meine Sorgen aufschreiben, quasi der schwarzen
Sonne übergeben. Schön finde ich diesen Gedanken, erinnert mich an
meine Sorgenpüppchen, die immer unter meinem Kopfkissen lagen, als
ich noch klein war. Und erinnert mich an meinen Traumfänger, der
immer dafür da war, böse Alpträume fernzuhalten.
Um
23Uhr wird’s magisch, so heißt es. Ich musste also nicht lange
überlegen, den einzigen Zug, den es zur Auswahl gab, um den Anderen
wiederzusehen, zu buchen – ganz zufällig soll dieser um 23h in
seinen Zielbahnhof einfahren. Zeit genug, um meine Sorgen zu
sortieren, eine kleine Rangliste zu erstellen und mich gebührend von
ihnen zu verabschieden.
Ganz
schnell wird es ganz schön anstrengend. So voller Überraschungen
und toller Ereignisse dieses Jahr war, so voller Sorgen bin ich
wiedermal am Ende dessen und der Druck des bevorstehenden
Jahreswechsels macht das beunruhigende Gefühl nicht einfacher.
Dazu
kommt, dass ich um diese Jahreszeit immer melancholisch werde, zum
Glück bin ich da nicht alleine. Am späten Nachmittag wird es dunkel
und pünktlich zur Tagesschau (läuft die eigentlich noch? Muss ja
Traumquoten haben) hat man das Gefühl, ins Bett gehen zu müssen –
kein Wunder, dass es da an Motivation und guter Laune fehlt (ich
übertreibe, um zu verdeutlichen, man weiß das ja).
Wie
auch immer, ich sitze im Zug – das Sinnbild für Nachdenklichkeit
und Reisen – und denke nach, während ich reise.
Was
lief gut dieses Jahr? - Oh, so einiges.
Privat
oder beruflich? - Du wirst es kaum glauben, aber in beiden Bereichen
gab es Höhe- und Wendepunkte.
Schön,
und worüber möchtest du dich dann beklagen? - Ich bin deutsch, ich
muss mich beklagen.
Im
Ernst? - Ich beklage mich nicht, ich bin nur überfordert. Das Jahr
war nicht nur für mich sehr aufregend und jetzt muss ich das ordnen,
wenn ich fröhlich unter dem Weihnachtsbaum sitzen möchte.
Welche
Sorgen wollen als erste über Bord gehen? Kann ich die Großen
einfach verschwinden lassen oder eventuell umbringen? Sitze ja
schließlich nicht umsonst im Orient-Express.
Na
gut, gehe ich das Ganze erwachsen an, dann weiß ich, dass ich mich
mit allen auseinandersetzen muss, weil ich sonst nichts lerne und die
Geister, die ich rief immer
und immer wiederkommen. Ich weiß schon, aber einfach ist es nicht,
denn mit so einigen Geistern möchte ich mich gar nicht beschäftigen.
Ich habe bei ein paar Situationen das Gefühl, sie würden sich seit
Jahren wiederholen, nur immer neu verpackt, sodass man manchmal viel
zu spät erkennt, dass man sich schon wieder im gleichen Spiel
befindet – manchmal möchte ich wirklich lieber Spieler sein, als
Spielfigur. Denn wenn das Leben ein Spiel ist, dann möchte ich
gewinnen.
Je
länger ich nachdenke, desto größer wird mein Wunsch, mich mit
allem und allen auszusöhnen, vor allem mit mir selbst. Die
Selbstzweifel – man kennt sie – sind größer denn je. Warum,
weiß ich gar nicht genau. Vielleicht ist selbst mein
Unterbewusstsein dem Drama nicht abgeneigt und hat mir deswegen was
Nettes gebaut, womit ich mich jetzt auseinandersetzen darf, muss,
soll.
Sorgen
machen bringt ja nix. So mal rein nüchtern betrachtet. Situationen
lassen sich im Grunde nur mit positiver Einstellung lösen, sich
Sorgen machen ändert nichts, im Gegenteil, man fühlt sich lediglich
permanent schlecht, anstatt eventuell nur manchmal. Was bringt es
uns, morgens in den Spiegel zu schauen und sich zu denken „Also,
nein, dieses Gesicht wird langsam echt zum Problem.“
Oder „Sie hat das nicht explizit so gesagt, aber ich bin
mir unglaublich sicher, dass sie es genauso meint und wenn sie das
wirklich dann auch tut, dann kann sie was erleben und bis dahin rede
ich mir zumindest jeden Tag ein, dass es so ist, wie ich es
befürchte.“ Unglaublich
hilfreich, ja.
Also,
Sorgen ade. Selbstbewusstsein und Positivismus, hello, my new best
friends! Or soon to be maybe. Ich arbeite dran.
Im
Laufe meiner äußerst verschlungenen Gedankengänge merke ich auch,
dass ich Menschen vermisse, die mein Leben verlassen haben,
vielleicht nur vorübergehend, aber zumindest sind sie gerade weg und
ich frage mich, was sie gerade tun, wo sie sind und ob sie dort
glücklich sind. Viel zu gerne würde ich mit ihnen reden, am
liebsten würde ich sie an einem magischen Ort treffen, wo man sich
begegnet, innehält und redet, damit das Vermissen ein bisschen
gestillt ist – aber alles hat wohl seine Zeit und seinen Sinn. Also
warte ich ab und versuche, mir weniger Sorgen zu machen.
Und
richte den Fokus auf mein Ziel. Das Ziel, das ich in drei Stunden
erreichen werde. Das Ziel, welches ich nächstes Jahr im April
endlich erreichen möchte. Das Ziel, das ich vor 30 erreichen möchte.
Das Ziel, das ich nicht erreichen möchte, weil es immer da sein soll
– Glück. Ab jetzt und mehr davon. Los.
Noch
drei Stunden bis zur Sonnenfinsternis. Ich zücke meinen Stift.
Für
die beste Band der Welt, meine persönliche Sonnenfinsternis.
©
Ani 2012
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen