Katertage sind die besten Tage!
Ja, das ist mein voller Ernst. Nach einer feucht-fröhlichen Nacht aufzuwachen und sich eine von vielen möglichen Fragen zu stellen. Hier zwei Auszüge aus eigenem Repertoire:
„...WARUM habe ich das gemacht?“ oder der Klassiker
„... gerne würde ich mir die Frage nach dem WARUM stellen, wenn ich überhaupt wüsste, was passiert ist!?“
Hilfreich sind dann natürlich Freunde, die dabei waren und man somit die Puzzleteile zusammenfügen kann. Eventuell.
Ich behaupte, dass wenn man Single ist und seine Wurzeln in der weiblichen Abstammung findet, so ist das Nachtleben eines der großartigsten Dinge dieser Welt. Man umgeht gekonnt 200m lange Schlangen vor Clubs, weil man von postpubertären Abiturienten männlicher Gattung zu sich gewunken und anschließend mit hineingemogelt wird. Man kann Groupie für eine Nacht spielen, aber bitte nur, wenn man die Band nicht kennt und vom Keyboarder persönlich auf die derzeitige Chartplatzierung hingewiesen wird. Durchaus ist es daraufhin möglich, backstage ein bisschen zu chillen (oder auch nicht, dieser Teil wird später erörtert), sich alles ausgeben zu lassen und trotzdem nach Hause gehen zu können, wann man möchte. Weil frau es halt kann.
So oder so ähnlich kann der ein oder andere Abend verlaufen und man wacht morgens auf, mit dem Stempel auf dem Bauch und dem Gewitter im Kopf. Herr-lisch. Erstmal ein Kaffee und mit der Freundin treffen. Sprich, mit überdimensionaler Ich-weiß-bald-wieder-was-ich-letzte-Nacht-getan-hab-Sonnenbrille ins Lieblingscafe einziehen, (da muss man sich nämlich nicht schämen), belächelt zu werden und das Getränk bereitgestellt zu bekommen, bevor man es bestellt. Da wird der Tag immer besser, spätestens dann, wenn die Freundin gedankenverloren aus dem Fenster schaut, ein vorbeifahrendes Auto beobachtet und im Slow-Motion-Modus scharfsinnig verlauten lässt: „Heee.... das ist doch ne Einbahnstraße..... achso...... von der Seite.“
Es ist unglaublich bereichernd, an solchen Tagen Erlebnisse vergangener Nächte zu rekonstruieren. Beispielsweise das tiefsinnige Gespräch einiger Freundinnen, die sich um ein paar Flaschen Weißwein (die Zahl darf nicht genannt werden) und super Alkohol aufsaugenden Gemüsesticks einfanden. Während die eine erzählte, dass sie in Bali einen Mann kennengelernt hatte, der nun ein 2000 Euro Flugticket gekauft hat und nächste Woche zu ihr fliegen würde, das Problem aber leider darin bestünde, dass ein anderer Mann gerade in ihrem Zimmer sitzt und für eine Prüfung lernt, so verkündet die Nächste lauthals:
„Ich bin nicht spirituell – ich habe ja nicht einmal Kerzen in meinem Zimmer.“
Gerne erinnert mich aber auch eine Freundin an Katertagen immer wieder daran zurück, dass ich mir auf einem Konzert eingebildet hatte zu wissen, wo sich der Backstagebereich befand und dann im körperlich eher ungeeignetem Zustand zusammen versuchten, über die Absperrung zu klettern. Mehr schlecht als recht gelang dies, blöderweise stand nur relativ schnell ein netter Security vor uns, der uns auf noch nettere Weise darauf hinwies, dass „wenn wir Kerle wären, wir jetzt fliegen würden.“ Somit bedankten wir uns recht brav bei Mutter Natur - zurück über die Absperrung geklettert, hängen geblieben, runtergefallen und weitergetanzt. Ironischerweise kurze Zeit später einfach mit einem Bekannten in den richtigen Backstagebereich (ohne Absperrung) marschiert. Stark.
Am nächsten Morgen aufgewacht und an den Beinen entlang so entsetzliche Blutergüsse gehabt, die sage und schreibe vier Wochen geblieben sind. Warum auch nicht.
Vielleicht nicht gerade deshalb, aber wegen vielen anderen Gründen lohnt es sich, seine 20er zu genießen, Trennungsschmerzen zu begießen und über sich selbst zu lachen. Denn an Katertagen ist es ein grundsätzlich und international verbreitetes Gesetz, dass alles erlaubt ist. Man darf schrecklich aussehen, da man nachts so gut aussah und das ja auch mal ausgleichen muss. Man darf Pizza und Schokolade au masse essen, sich über alles und jeden aufregen, negativ auffallen, sprich pöbeln, und Mittagsschlaf halten. Mehrmals.
Es ist und bleibt ein Tanz, dieses (Nacht-)Leben und am nächsten Tag wartet immer die Freundin, der Lieblingskellner, Sonnenbrillen deiner Wahl und ein rettendes Gespräch auf dich.
Nur schreibe dir immer eine kleine Notiz an dich selbst:
1. Sei gut zu deinen Freunden, damit keine der Anekdoten jemals gegen dich verwendet wird.
2. Schicke niemals nachts SMS (auch keine Leeren), es sei denn sie dienen der Wegbeschreibung (ich sitze doch neben dir...!?).
3. Tu immer so, als würdest du den Promi, mit dem du dich unterhältst, nicht kennen.
4. Trinke niemals aus offenen, herumstehenden Getränken.
5. Iss auf dem Heimweg in der Bude deines Vertrauens etwas und trink ein großes Glas Wasser danach.
5. Um Himmels Willen: Schmink dich ab, bevor du ins Bett gehst.
Dann heißt es nachts Cheers! und morgens miau!
Für die Starke, die Kerzengegnerin, die Kongoexpertin, den zweiten Groupie, die Heulsuse und die Exotin.
© Ani 2012
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