Sonntag, 11. März 2012

Click here to like Uganda


Da ich nun den vierten Tag in Folge mit Kopfschmerzen aufwache, dachte ich mir, dass ich doch die Gedanken, die meinen Kopf anscheinend so zermartern, auch mal aufschreiben könnte.

Ich glaube, es liegt daran, dass egal, wo man zur Zeit hinkommt, einen eine Welle des Aufschreis und der Diskussionen überrollt. Im Allgemeinen finde ich das ja sehr schön zu beobachten, denn es tut sich was, viele werden wacher und bilden sich eine Meinung, interessieren sich für Zwischenmenschliches und werden vor allem auch kontaktfreudiger. Doch so manchmal hat das Ganze einen für mich anstrengenden Beigeschmack.

Die einen beschweren sich darüber, dass das Kony 2012 Video mit subtiler und billiger Emotion arbeitet, damit es sein Ziel einhalten kann: Verbreitung, Mitgefühl und Teilnahme. 
Es wird diskutiert, dass dies der falsche Weg ist, was durchaus sein kann - nur wer dreht sich geschichtlich mal um und schaut sich an, dass seit 1987 so gut wie keine Kampagne in diesem Bereich eine nur ansatzweise genauso große Masse erreicht hat, wie die derzeitige Welle es nun tut? Es bewegt sich etwas. Wen stört es da, wie es passiert? Die Menschen, die lieber diskutieren, als sich einfach einzugestehen, dass Emotionen über Diskussionen stehen, weil sie der Ursprung sind. Menschen haben immer erst angefangen, etwas zu tun, wenn es sie berührt hat, das weiß doch jedes Kind, das mindestens eine Woche lang nach der Erstausstrahlung von Bambi aufgehört hat, Fleisch zu essen.

Und während manche glücklich weiter diskutieren, teilen sie es bei Facebook – der weltweit größten sozialen Plattform, die uns vernetzt und zusammenbringt. Die Seite, die uns ermöglicht, mit einem Klick etwas aus dem Leben unseres australischen Freundes zu erfahren, den man seit Jahren nicht gesehen hat und vermisst. Die Seite, die ermöglicht, dass man mit der Freundin, die unter einem wohnt, kurz zu chatten, weil das Bett eben noch viel zu bequem ist, um es zu verlassen. Emotionen? Nein, diese Seite nutzt man lediglich für berufliche Zwecke.
Jede Sekunde wird die Startseite genutzt, um sich Luft zu machen, auch über Aktionen wie Kony 2012, und während Facebook genutzt wird, wird auch gleichzeitig geschimpft, und zwar über die neue Timeline und die Datenschutzbestimmungen, mit denen sich gerade diejenigen nicht auseinandergesetzt haben, die sich darüber Luft machen. Und trotzdem ist es schöner, per Facebook sich zu echauffieren über all dies, anstatt z. B. das soziale Netzwerk zu verlassen oder – im Stillen – seinen eigenen Weg zu finden, Uganda zu unterstützen.
Wer mich aufregt, sind all die Nein-Sager, all diejenigen, die lieber stundenlang diskutieren, als nachgeben, zugeben und zusammenwachsen. Denn das, liebe Internet-Gemeinde, ist doch die einzige Kraft und die einzige Energie, die überhaupt etwas bewirkt.
Ich selbst habe schon vor Jahren aufgehört, Nachrichten zu lesen und es ist mir egal, wie oft ich damit anecke, denn das, was wichtig ist, kriege ich immer mit und das, was mir am Arsch vorbei geht, ist sowieso nur sich wiederholende Geschichte. Die kommt in 10 Jahren wieder und dann hat man eine weitere Chance, sie mitzubekommen und... hmm, wiedermal nichts zu tun?

Es braucht immer einen Anfang. Bist du unzufrieden mit der Timeline? Dann beiß' verdammt nochmal in den sauren Apfel und geh offline. Mach ein Selbstexperiment und schau, ob du auch ohne Facebook auskommst.
Stinkt dir Kony 2012? Dann lass die Invisible-Children-Kampagne ihre Sache machen und wende dich einem anderen Projekt zu.

Erst kürzlich habe ich von meiner Freundin erfahren, dass sie ein großes und seriöses Programm zum Schutz vom Regenwald unterstützt – jährlich mit nicht zu verachtenden Ausgaben ihrerseits, obwohl sie, wie so viele von uns, am Ende des Geldes noch so viel Monat übrig hat. Das nenne ich einen Anfang bei sich selbst, eine Unterstützung, die von Herzen kommt und dann auch noch im Stillen, chapeau!
Ich will hier gar keine Stellungen zu den oben genannten Themen beziehen, ich bin oftmals nicht besser und vieles der Kritik geht auch an mich selbst.
Ich bin es einfach nur Leid, mit pseudo-weltbewegenden Kritiken zugespamt zu werden.
Ob ich dagegen was mache? Ja, natürlich. Ausblenden. Das kann man nämlich nach wie vor bei Facebook.

Für all die Invisible Children, die es einen Dreck schert, ob die Hilfe aufgrund dessen kommt, dass ein Video mit den Emotionen der Menschen spielt, um sich Aufmerksamkeit zu verschaffen. Sie weinen jeden Tag. Und hoffen jeden Tag. Diskutieren tut da niemand.

© Ani 2012

2 Kommentare:

  1. Hier schließe ich mich der Meinung an, dass wichtige Informationen einen immer erreichen und sei es über facebook. Wichtig ist nicht der Weg, den diese Information nimmt, sondern der Gedanke, mit vielen Menschen zusammen etwas Gutes zu erreichen. Es wird immer wichtiger werden, zusammen für eine liebevollere Welt zu kämpfen. Auch in kleinen Schritten. Für Deine tief im Herzen empfundene Meinung einzustehen, dafür liebe ich Dich.

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  2. Ich teile deine Meinung zu diesem Thema. Am besten fand ich die stelle, das deine freundin im stillen etwas zu bewegen versucht. Einmal wegen Kony 2012 5 euro zu spenden dann sofort auf facebook zu gehen, und dann alle anderen als egoistisch zu beschimpfen ist schon leicht lächerlich..abgesehen davon sind die kony aufnahmen schon fast 10 jahre alt, uganda hatt soviel erdöl wie saudi arabien, die (kinder)Soldaten für die man ja spenden soll werden beim einmarsch auch getötet und finanziert wird das ganze durch spenden von den leuten die dachten sie würden mal etwas uneigennütziges tun. Die beste propaganda seit 70 Jahren wie ich finde, und wenn ich mit grademal 18 das verstehe sollten das die meisten anderen auch tun. Wie gesagt man sollte sich selbst eine meinung bilden :)

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