Der
Kernerschütterer ist nicht befugt, ein Kernerschütterer zu sein,
wenn er sich entweder nicht dessen bewusst ist oder diesen Posten gar
nicht möchte, ihn aber unbewusst ausübt.
(2.
Buch, 1. Gesetz, A&K Gesetzbuch über den Umgang mit der Liebe)
Carrie
sagt, dass es Menschen gibt, die dich im Kern erschüttern und
diejenigen, die für dich da sind, wenn du im Kern erschüttert bist.
Zweites sind meistens gute Freunde, Familie - oder Partner, für die
du nicht mehr als Sympathie und Zuneigung empfindest.
Und
dann ist da dieser Mensch, bei dem auf einmal alles still steht. Die
Tür geht auf, du siehst ihn und alles, wirklich alles um ihn herum
verschwimmt. Du merkst gar nicht, wie dich ständig andere anrempeln,
wie viele dich ansprechen, weil du einfach gar nicht darauf eingehst.
Du spürst diesen einen Blick und nur den und der zählt. Und wenn
man sich dann berührt, bewusst oder unbewusst – und selbst das
unbewusste Berühren ist definitiv ein bewusstes Suchen –, dann
durchfährt es den kompletten Körper wie ein Blitz und genau in dem
Moment hast du das Gefühl, dass alles gut ist. Nichts kann dir
passieren, niemand kann dir weh tun, niemand kann dich übertrumpfen,
hübscher oder intelligenter sein, interessanter wirken oder auf dich
herabsehen. Alles ist perfekt. Und dann ist der Moment vorbei.
Ich
kenne das ja nur aus Erzählungen und habe mir sagen lassen, dass es
wohl ziemlich schwierig ist, mit so einem Kernerschütterer im Leben.
Hat man ihn mal kennengelernt, fängt es an, dass man sich selbst
wohl auch wiedermal kennenlernt.
Diese
Menschen, die einem den Boden wegziehen, sind so faszinierend,
angesichts dessen, dass sie es meist überhaupt nicht wissen. Sie
haben keine Ahnung von ihrer unglaublichen Ausstrahlung und
Anziehung. Sie machen das mit links und lächeln ein Elmex-Lächeln,
was auch noch unglaublich sympathisch, anstatt aufgesetzt, ist. Sie
sind locker, fröhlich und leicht, jedenfalls in deinen eigenen
Augen. Sie machen irgendwie alles richtig, was du falsch machst. Aber
wohlgemerkt alles nur so nebenbei und das ist der Punkt, der dann so
unfair erscheint.
Hat
jeder das Potenzial, ein Kernerschütterer zu sein? Rufst du
vielleicht gerade auch deine Mama an, um ihr zu erzählen, dass du
mich nicht aus dem Kopf bekommst – oder bin das nur ich? Ist
man überhaupt fähig, in der Umgebung eines solchen Menschen eine
klare Entscheidung zu treffen?
Die
rauben einem doch nur den Schlaf und sie wissen es nicht, weil sie
unbekümmert schlummern und nach dem Aufstehen überlegen, ob Montag
oder doch Freitag sei. Machen sich Kernerschütterer auch so ihre
Gedanken und fragen sich, ob es da jemanden gibt, der sie mag? Können
die selbst erschüttert sein? Das wäre ja was.
Im
Kern erschüttert zu sein, ist eine Bezeichnung, die schon vor langer
Zeit mal meinen Weg gekreuzt hat und mich seither so fasziniert. Das
ist schließlich mein eigener Kern, um den es da geht. Kein Mensch
kann mehr eingreifen, als auf diese Art und Weise. Dem eigentlichen
Nichts-Tun.
Und
dann fragt sie, warum man sich denn drauf eingelassen hätte und die
Andere entgegnet:
Sag
mir, wie man eine weise Entscheidung trifft, wenn ein Erdbeben über
einen hereinbricht? Wenn du mir das sagen kannst, wäre ich sehr
dankbar, denn dann wüsste ich nämlich ansatzweise, wie ich wieder
heil nach Hause komme.
In
solchen Angelegenheiten bietet sich mir oft der Vergleich des
Kartenhauses. Was eine unglaublich konzentrierte Arbeit darstellt,
ist am Ende so fragil und instabil. Aber es steht, das Haus, und
sieht erhaben aus. Und dann kommt einer daher und zieht die unterste
Karte raus.
Ich
wage zu behaupten, dass man immer, wirklich immer, mit entscheidet,
ob da jemand dein Häuschen zum Einsturz bringen darf.
©
Ani 2012
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