Wiesn or not Wiesn…. Eine der Fragen, die seit Tagen in meinem Kopf kreist.
Ich habe so viele unterschiedliche Meinungen über das Oktoberfest, pardon, die Wiesn, (das wäre schon mal die erste) gesammelt, dass ich mich erstmal selbst sammeln muss. Und dann hab mich gefragt:
Und was hältst eigentlich du davon?
Ich bin ja grundsätzlich gegen grundsätzliche Meinungen. Auch wenn sich das jetzt grundsätzlich widersprüchlich anhört, aber so ist es. Fast alles auf diesem kunterbunten Planeten hat Vor-und Nachteile.
Für mich ist die Wiesn einerseits ein Spielplatz, auf dem irgendwie zu viel erlaubt ist. Ein buntes Treiben, Lachen, Unbekümmertheit und auch die Falltür ins Bodenlose. Natürlich kann sie gewaltig nerven, wenn man z. B. vorhat, von A nach B zu kommen und das innerhalb einer bestimmten Zeitspanne. Wenn man Slalom laufen muss, weil andere einem slalomartig entgegenwanken. Wenn man (so wie ich) jedes Jahr aufs neue eine Freundin anrufen muss, damit sie vorbeikommt und man zusammen unter einem tierischen Gewaltakt den Reißverschluss des Dirndls zubekommt. Eine größere Tracht zu kaufen, wäre, als ob man eine weiße Flagge hisst. Dann lieber doch die Schnappatmung, Gott sei dank läuft das Bier ja auch in den Bauch und somit an der Lunge vorbei.
Ich kann mich jedenfalls an unglaublich viele, tolle Momente dort auf der Theresienwiese erinnern. Ich habe witzige Ausländer kennengelernt, bin jedes Jahr (bis auf dieses) die Achterbahn gefahren, obwohl ich unglaubliche Höhenangst habe, ich esse jedes Jahr einen Eismohr und bin glücklich, weil meine Freunde mir glücklich in den Armen liegen. Trotzdem bleiben wir – gesittetes Münchner Völkchen - natürlich kultiviert und deshalb gibt es hier eine offizielle Liste der Dinge, die einfach inakzeptabel sind:
- Schulterfreie Dirndlblusen
- Schwarze Blusen
- Landhausmode auf der Wiesn
- Um 12 Uhr mittags das erste Mal auf oder unter der Bierbank liegen/sitzen.
- Sich übergeben, danach knutschen und das Gegenüber in vorige Information nicht einbeziehen.
- Mini-Dirndl (Dirndllänge, die über dem Knie Halt macht, meist vorgeführt von jungen, weiß-gelbblondierten Schulmädchen)
- Pinke Hunter-Gummistiefel (!) zur Tracht
- Schnupftabak (…und auf einmal tun es alle, weil – auf einmal brauchen es alle! Jede der sechs Millionen Nasen bahnt sich binnen kürzester Zeit ihren Weg zum nächsten Schnupftabak)
- Die Wiesn hochoffiziell dissen und trotzdem mit der Clique hingehen. Dann aber nur im dezenten Look, bitteschön.
- Weiße Netzstrümpfe in schwarzen Pumps zu bunter Tracht.
- Lebkuchenherz (wenn es schon sein muss) mit der Aufschrift „Oktoberfest“ – ach was?
Ich war dieses Jahr (bis jetzt) nur einmal dort und es war so gut, dass ich am nächsten Morgen mit meiner Freundin an meinem Esstisch saß, wir uns über unsere Kaffeetassen hinweg anstarrten und kurze Zeit später weinend und lachend gleichzeitig mit den Köpfen auf dem Tisch lagen. Den Abend Revue passieren zu lassen und die fehlenden Puzzleteile dank aufmerksamer Begleiter zusammen zu basteln, ist fast so schön, wie der Abend selbst.
Ich freue mich jedes Jahr auf den Beginn des Volksfestes und genauso jauchze ich, wenn es wieder vorbei ist. Jedes Jahr stehe ich mindestens ein Mal gegen 19:30h auf der Bierbank und singe, nein, schreie zu Robbie Williams „Angels“ und nichts wird mich je davon abhalten, nicht mal peinliche Fotos oder Kommentare.
Ach ja. Wenn die Münchner sich mal zwei Wochen im Jahr gehen lassen, dann kann man das doch gar nicht verurteilen. Das Festlein ist eine kleine, schillernde Momentaufnahme. Das schönste daran ist wohl, dass alles sehr schnell passiert und man daher mit dem Verstand nicht hinterherkommt. Das nennt man übrigens den Wiesn-Modus und Mann bzw. Frau befindet sich übrigens darin, wenn sie innerhalb kürzester Zeit vom Schunkeln zum Küssen übergehen. Herr-lich.
Wiesn – i mog di. Aber nach zwei Wochen bist „guad weida!“
© 2011 Ani
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